Ein Beitrag von Lucy Pearl Maurer
Geschichten, sind das Echo der Welt. Ob historische Erzählungen, poetische Werke oder Mythologien; Geschichten und deren bekannten Zitaten können das Menschliche in uns wachrufen. Sie sind eine Form von Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt. Sie fassen die Weisheit von Erfahrungen, Ideen und Emotionen in wenigen Worten oder in ganzen Erzählungen zusammen. Sie beeinflussen unser Denken, formen unsere Werte und prägen unsere Sprache. Geschichten regen unsere Fantasie an und inspirieren uns, kreativ zu sein. Denn Geschichten widerspiegeln den springenden Punkt einer Idee oder des Lebens. Zitate bringen diese auf den Punkt – kraftvoll und verletzlich, mit einer Tiefgründigkeit, die sowohl erschreckend als auch inspirierend wirken kann. Doch was bewegt mich dazu, Geschichten zu schreiben?
Seit ich denken kann, ist die Welt zwischen den Zeilen ein Rückzugsort für mich. Wir alle kennen das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Wir alle kennen eine Form von Freude, Trauer, Verzweiflung und anderen etlichen Gefühlen, die sich manchmal so nicht aussprechen lassen. Deswegen schreibe ich sie auf. Wenn ich Wut empfinde oder in einem Zustand tiefer Niedergeschlagenheit bin, überwältigen mich diese Emotionen mit voller Wucht. Ihre Intensität, so greifbar sie auch zu sein scheint, lässt mich einsam zurück.
Doch wenn ich diese Gefühle durch fiktive Charaktere nochmals erlebe, kann ich mich so selbst besser kennenlernen. Indem ich meine Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche in das Handeln und Leben einer nicht existierenden Person einhauche, spiegle ich mich selbst wieder – meine Angst, meine ungeschützte, verletzliche Seele. Wenn ich mich meines Alltags unterlegen fühle, sind es die Worte so vieler bemerkenswerten Autoren, die mich mein Selbstmitleid spüren lassen und mich daran erinnern, dass wir manchmal nicht heilen wollen, weil der Schmerz die letzte Verbindung zu dem ist, was wir verloren haben. Denn es ist meine Entscheidung, ob ich das verstehen will oder meine Augen weiter aus vermeintlichem Selbstschutz geschlossen halte.
Die Weisheit, den Mut zu haben, die Augen zu öffnen und unangenehmen Wahrheiten ins Auge zu schauen, erweckten in mir das Bedürfnis, solch ein Verständnis auch anderen durch meine achtsamen Worte zu vermitteln. Ich möchte die Menschen fühlen lassen, dass sie nicht allein auf dieser Welt sind. Trotz all der traurigen Phasen, die mich zum Schreiben ankurbeln, finde ich mich immer wieder dankbar, dass meine Einsichten anderen Trost und Verständnis schenken.
Am Ende des Tages ist das Schreiben von Geschichten, Tagebucheinträgen oder kurzen prägnanten Sätzen eine Art und Weise, den Alltag zu verstehen und ihn so auch für mich verständlicher zu machen. Denn eine Geschichte fängt dort an, wo man sie sich selbst erzählt.