Zuerst kommt Wohl­be­fin­den, dann Leistung

zuerst wohlbefinden, dann leistung. laebensschuel wetzikon

Die Deutsch­schwei­zer Kul­tur sagte bis jetzt: «Zuerst die Arbeit und dann das Ver­gnü­gen.» Für mich impli­ziert dies, dass Arbeit kein Ver­gnü­gen macht. Als ich meine fran­zö­sisch­spre­chen­den Schwei­zer Freunde fragte, was sie an den Deutsch­schwei­zern so komisch fän­den, mein­ten die: «Weisst du, bei euch ists immer so ernst und es geht immer nur ums Arbei­ten. Immer schnel­ler, bes­ser und noch mehr arbei­ten und ja kein Spass haben dabei.» Fol­gend möchte ich das ein wenig aus­ein­an­der neh­men und beschrei­ben, wieso es neu­ro­psy­cho­lo­gisch gese­hen klar ist, dass wir die beste kogni­tive Lei­stung erbrin­gen kön­nen mit Freude und im Wohlbefinden.

 

Tau­chen wir ein in unser Ner­ven­sy­stem. Es ist auto­nom, funk­tio­niert also unab­hän­gig und von allein. Es ist stär­ker als unser Ich-Bewusst­sein und steu­ert darum unser Befin­den. Darin gibt es zwei Ursy­steme. Vom einen Teil, dem Sym­pa­thi­kus (Kämp­fen, Flüch­ten und Ein­frie­ren) haben wohl die mei­sten von uns gehört. Der andere Teil ist der Para­sym­pa­thi­kus (Ruhen und Ver­dauen). Wich­tig zu wis­sen ist, dass wenn der Sym­pa­thi­kus akti­viert ist, unser Blut im Gehirn nach hin­ten unten zum Stamm­hirn geht. Dies macht viel Sinn, da wir uns dann schnel­ler bewe­gen kön­nen. Im Kör­per geht das Blut in die Extre­mi­tä­ten, damit die Mus­keln die Ener­gie haben, die sie brau­chen. Dies macht viel Sinn und ist gesund und rich­tig, um Sport oder ähn­lich kör­per­lich anspruchs­volle Auf­ga­ben zu erle­di­gen. Anson­sten macht es in unse­rem Leben heut­zu­tage mehr Sinn, wenn der Para­sym­pa­thi­kus akti­viert ist. Das Blut im Gehirn ist vorne, beim Prä­fron­ta­len Kor­tex, wo das Den­ken statt­fin­det und Wis­sen abge­legt ist. Im Kör­per ist es bei den Orga­nen, wo wir Ener­gie über die Ver­dau­ung auf­neh­men und unser Immun­sy­stem gestärkt wird. Sind wir durch Infor­ma­tio­nen von aus­sen ver­äng­stigt und unter Stress, akti­viert sich der Sym­pa­thi­kus. Salopp gesagt, sind wir dann düm­mer und dies geht mit­tel- und lang­fri­stig gese­hen auf unsere Gesund­heit. Es ist also essen­ti­ell, dass wir als Men­schen ler­nen wahr­zu­neh­men, wie wir uns füh­len und wie wir uns ent­span­nen oder akti­vie­ren kön­nen. Wol­len wir Denk­ar­beit lei­sten, brau­chen wir Zugang zu unse­rem Gehirn und das geht am besten, wenn wir uns wohl füh­len. Zu ler­nen, was wir dafür brau­chen, hilft natür­lich unge­mein. Aus­schlag­ge­bend dafür sind der Raum, in wel­chem wir uns befin­den und die Men­schen, die uns umge­ben. Dazu kommt, ob wir uns frei füh­len. Darf ich mit­ent­schei­den, fühle ich mich freier. Kei­ner ist gern Sklave. Neh­men mich meine Mit­men­schen wahr und gehen sie auf mich ein, fühle ich mich ein­ge­bun­den. Kommt dazu noch, dass ich gut bin, in dem was ich mache, dann habe ich Erfolgs­er­leb­nisse. Sind diese drei Fak­to­ren gege­ben, bin ich moti­viert wei­ter­zu­ma­chen und habe wahr­schein­lich Freude dabei. Es gibt also eine For­mel für Motivation: 

 

E3=Moti­va­tion

Frei über­setzt von Nuka et al. 2012 heisst dies Ein­ge­bun­den­heit, Eigen­stän­dig­keit und Erfolgs­er­le­ben erge­ben einen moti­vier­ten Menschen.

 

Der Defi­zit­ori­en­tie­rung ist es nie genug. Sind wir im Per­fek­tio­nis­mus hän­gen geblie­ben? Dabei haben wir so viele Res­sour­cen und Stär­ken und wenn wir diese erle­ben dür­fen, ent­wickeln sich Selbst­wert und Selbst­wirk­sam­keit. Das Gefühl, ein wert­vol­ler Teil der Gemein­schaft zu sein, Ver­ant­wor­tung tra­gen zu kön­nen und zu mer­ken, dass das eigene Han­deln wirk­sam ist, sind zen­trale Aspekte eines gesun­den mensch­li­chen Gei­stes und die­ser lei­stet gerne und von sich aus.

Meine Hoff­nung ist, dass wir uns mehr dar­auf fokus­sie­ren, was schon alles gut ist und mit Freude aus­bauen. Dass wir sehen, was wir gut kön­nen und uns ein­ge­ste­hen, worin wir nicht so gut sind und dafür Men­schen fin­den, die das gut und gerne tun. Dass wir dank­bar aner­ken­nen, was unsere Mit­men­schen für Stär­ken haben und wie sie unser Leben berei­chern. Diese Men­schen auch mutig wis­sen zu las­sen, wie wich­tig sie für uns sind. Schauen, dass wir die Ver­ant­wor­tung für unser eige­nes Leben über­neh­men und uns einen Raum schaf­fen, in wel­chem wir uns zuhause füh­len. Freunde fin­den, zu wel­chen wir uns zuge­hö­rig füh­len und mit Freude das tun, was uns her­aus­for­dert und sich gleich­zei­tig stim­mig anfühlt.

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Severin Weilenmann

1 Kommentar zu „<strong>Zuerst kommt Wohl­be­fin­den, dann Leistung</strong>“

  1. Lie­ber Severin
    Herz­li­chen Dank für Dei­nen Artikel!
    Ich leite — neben der Arbeit in mei­ner Pra­xis — im Lang­matt Schul­haus eine Schul­in­sel und habe für das ganze Team eine Wei­ter­bil­dung mit Urs Honauer (Soma­tic Expe­ri­en­cing, Zen­trum für Innere Öko­lo­gie) auf­ge­gleist. Von Her­zen gerne würde ich Dei­nen wun­der­bar auf den Punkt geschrie­be­nen Arti­kel mit dem Team tei­len. Falls Du dami ein­ver­stan­den bist, magst Du mir ein PDF mailen?
    Besten Dank!
    Herz­li­che Grüsse
    Mar

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